Mit dem Pickup zum Campen - die Möglichkeiten

 

In den mittlerweile vielen Jahren, die ich mit Pickups verbringen durfte, gehörte auch immer Camping irgendwie dazu. Das ist natürlich auch mit anderen Fahrzeugen möglich, aber was soll man machen, wenn man ein Faible für diese Fahrzeuggattung hat? Was macht Camping gerade mit diesen Fahrzeugen so interessant, was gibt es für Möglichkeiten, welche Aufbauten kommen in Frage, wo fährt man hin? Diese Fragen haben wir im Pickup-Freundeskreis und auf Treffen schon oft diskutiert, und da es wirklich derzeit so viele individuelle Möglichkeiten gibt wie nie zuvor, wäre das vielleicht mal eine kleine Story wert.

 

Wenn ich mich an meine Anfangszeit mit Pickups in den 90er Jahren zurückerinnere, dann waren die Möglichkeiten doch sehr begrenzt, bzw. verlangten nach manchmal recht eigenwilligen Lösungen! Es gab offene Ladeflächen, Hardtops, Zelte und auch schon ein paar wenige Wohnkabinen. Mit letzteren kamen die damaligen Pickups auch sehr schnell an ihre Grenzen, weniger wegen der Zuladung, sondern eher wegen der Motorisierung. Die Begriffe Wanderdüne oder Geh-Hilfe waren da nicht so weit hergeholt, frei nach dem Motto „Stau ist nur hinten doof“. Unser erster Nissan MD21 mit sagenhaften 80 Saugdiesel-PS war an sich schon sehr gemächlich, brachte uns aber trotzdem überall hin und auch wieder zurück, der Weg war das Ziel. Mit einer Wohnkabine wäre er auf steilen Alpenstraßen schlicht überfordert gewesen.

 

Ging es ums übernachten, hat man entweder unterm Hardtop geschlafen, sich ein Bodenzelt neben das Fahrzeug gestellt oder eben eine selbstgebastelte Plane über die Ladefläche geworfen – keine besonders komfortable Lösung, aber Campen sollte ja auch einen Hauch Abenteuer versprühen. Es war auch mit damaligen Mitteln eine wunderschöne Zeit, das Schlafen unterm Hardtop mache ich auch heute noch gern. Waren wir zu zweit unterwegs, haben wir neben dem Auto ein Zelt aufgestellt, so konnte man gut individuell unterwegs sein bei damals noch regionalen Treffen in einer Kiesgrube oder am Baggerweiher.

 

Die Zeiten ändern sich und damit auch die Fahrzeuge und die Möglichkeiten. Heute haben hierzulande erhältliche Midsize-Pickups mindestens 150 PS, gefragt sind eher die, deren Leistung sich um die 200 PS oder mehr dreht! Und natürlich hat auch die Zubehör-Industrie die vielzähligen Möglichkeiten erkannt, die ein Pickup bietet: Es gibt eine Vielzahl von Hardtops, Canopy-Campern, Heckzelten, Dachzelten, Wohnkabinen oder Ladeflächenzelten – oder eben auch die Möglichkeit, den Pickup als Wohnwagen-Zugfahrzeug zu nutzen, entweder mit herkömmlichen Wohnwagen oder auch Offroad-Trailern. Jedes System hat Vor- und Nachteile und letztlich muss jeder selber entscheiden, welche Lösung für ihn die beste ist!

Fangen wir mit den einfachen Lösungen an. Pickups bieten auf der Ladefläche viel Platz, 1,5-Kabiner mit durchschnittlich 1,80 m Ladefläche natürlich mehr als Doppelkabiner mit um die 1,50 m. Letzteres reicht zum Schlafen nicht ganz, dafür gibt es aber Heckzelte, die mit einem Gummizug um das Hardtop gehalten werden und man so die Ladefläche für ein bequemes Bett nutzen kann und trotzdem bei Regen eine trockene Behausung hat. Die Zelte haben einen Reißverschluss, so dass es auch möglich ist, mit dem Pickup wegzufahren. Ein 1,5-Kabiner bietet für nicht zu groß gewachsene Menschen durchaus die Möglichkeit, mit einer passenden Matratze kann man aber unterm Hardtop prima nächtigen, ich praktiziere das schon seit unserem ersten Pickup in den 90er Jahren. Hardtop-Hersteller gibt es mittlerweile sehr viele, da ist für jeden Geschmack und Einsatzzweck das passende Hardtop dabei. Egal ob ohne, mit seitlichen Schiebe- oder Klappfenstern, oder mit hoher Dachlast wie das AluCab oder RSI aus Südafrika, die Auswahl ist sehr vielseitig. ARB, Roadranger, Aeroklas, Fibertek und viele andere bedienen diesen Markt.

Recht neu auf dem Markt ist ein Ladeflächenzelt, das aufgeklappt doch einiges an Wohnfläche bietet, geschlafen wird über dem Kabinendach des Pickups. Es gibt auch einfachere Varianten, dabei wird einfach ein Zelt auf der Ladefläche aufgestellt. Der Vorteil, man schläft weg vom Boden, allerdings muss die komplette Ladefläche leergeräumt werden, ich würde da ein Bodenzelt vorziehen!

 

Wer nicht im Pickup schlafen möchte, für den aber eine Wohnkabine nicht in Frage kommt, der nimmt ein Dachzelt mit auf die Tour. Für die Montage gibt es mehrere Möglichkeiten: entweder auf dem Dach des Pickups, oder auf der Ladefläche oder bei vorhandenem Hardtop eben darauf. Auch bei Dachzelten ist der Markt riesig und wächst ständig. Einige Konzepte ähneln sich, am beliebtesten sind die Klappzelte von Horn Tools, James Baroud oder PrimeTech, Campwerk, Carryboy, Thule oder iKamper. Natürlich gibt es noch viele andere Hersteller. Wer lieber ein Dachzelt mit festem Dach mag, wird bei James Baroud oder Maggiolina fündig. Der Preis variiert stark, da kommt es eben auf die Nutzung an – campt man nur zweimal im Jahr für ein Wochenende, reicht auch ein günstigeres Dachzelt aus. Fährt man länger damit weg oder in Gegenden, wo es kühler und regnerischer ist, sollte man natürlich etwas Hochwertigeres nehmen. Viele Hersteller bieten zum Dachzelt auch noch passende Vorzelte an, bei schlechtem Wetter natürlich eine tolle Sache, dann auch geschützt frühstücken zu können. In letzter Zeit gibt es eine Vielzahl von Markisen, von denen man einige sogar mit Seitenwänden versehen kann. Oder gleich eine drehbare 270° Markise, z.B. von ARB. Diese sind selbsttragend und reichen um Seite und Heck des Fahrzeugs herum, eine praktische Sache bei schlechtem Wetter.

 

 

Die komfortablere Variante ist natürlich ein Canopy Camper. Das ist im Grunde ein Hardtop mit einem flachen Alkoven über Teilen des Fahrzeugdachs. Diese Lösung wird aufgeklappt zur kleinen Wohnkabine. Geschlafen wird oben, während man die Ladefläche des Pickups als Wohnbereich nutzen kann. Entweder minimalistisch ohne große Einrichtung, das hat den Vorteil, dass im normalen Alltag die Ladefläche weiter als solche benutzt werden kann. Oder ausgebaut mit kleiner Kochgelegenheit, Spüle, einem Tisch und zwei Sitzplätzen und etwas Stauraum. Alles in allem eine tolle Lösung, wenn die Tour in Länder gehen soll, bei denen die volle Offroad-Fähigkeit des Pickups erhalten bleiben soll. Die Ausmaße dieser Canopy Camper schränken auch die Höhe und Breite des Fahrzeugs nicht sonderlich ein und sind sehr kompakt, gut bei Touren in entlegene Gebiete,bei denen die Pisten auch mal enger sind. AluCab oder ExCab sind z.B. derzeit gefragte Modelle. 

Wer es komfortabler möchte, sattelt dem Pickup eine größere Wohnkabine auf. Momentan ist die Zahl der Hersteller so groß wie nie, man sollte sich jedoch vorher schon ein wenig Gedanken über die Nutzung vs. Komfort machen. Wie viel Platz brauche ich? Wie wendig und Offroad-tauglich soll der Pickup noch sein? Möchte ich eine, die einen längeren Hecküberhang hat oder eine kompaktere, die auch noch Anhängerbetrieb ermöglicht, beispielsweise um ein Quad oder Motorräder mitzunehmen? Jede Lösung hat Vor- und Nachteile. Wer viel Stauraum und Komfort möchte, vielleicht sogar mit Nasszelle, muss natürlich Einbußen beim Fahrkomfort und der Pisten-Tauglichkeit hinnehmen, genauso wie bei der Zuladung.

 

Wer vom Wohnwagen auf eine Absetzkabine umsteigt, wird natürlich auf möglichst wenig verzichten wollen. Mal vorweg: Die identischen Platzverhältnisse im Vergleich zu einem Wohnwagen werden nie herrschen können, dazu ist die Nutzfläche eines Pickups einfach zu klein. Vor allem, wenn die Ladefläche erhalten bleiben soll und die Kabine nur für Touren und Urlaube aufgesattelt werden soll, muss man gewisse Einschränkungen eben in Kauf nehmen! Das heißt aber nicht, dass die geschmackvoll eingerichteten und mit allem Komfort versehenen Kabinen primitiv wären – Nasszellen, Kühlschränke, Kochstellen, Spülen und natürlich auch Toiletten, alles an Bord. Je mehr, umso schwerer und umso weniger bleibt für die Zuladung übrig. Bei rund einer Tonne Nutzlast der Midsize-Pickups und Kabinen, die über 800 kg wiegen, kann man sich das ja leicht ausrechnen, wie viel für Equipment übrigbleibt! Neben den gängigen Herstellern wie Bimobil, Tischer oder Nordstar gibt es in den letzten Jahren eine Vielzahl von kleineren Herstellern, die sich am Markt etablieren möchten, wie VoKa, Bieber-Tec, Camp-Crwon, Spartacus oder andere.

 

Wer im Urlaub gern sein ATV oder auch Motorräder mitnimmt, kann sich auch für eine kompaktere Kabine entscheiden, wie z.B. die Bieber-Camp BC 140 oder die Rhön Camp 1.4, die ich vor kurzem testen konnte. Diese ist so kompakt, dass sie auf die Ladefläche eines Doppelkabiners paßt, sogar die Heckklappe kann geschlossen werden. Geschlafen wird im Alkoven, ansonsten ist natürlich alles sehr beengt und für 2 Personen und eine längere Tour in kältere Gegenden eher nicht geeignet. Für einen Wochenend-Trip eignen sich Kabinen dieser Größe jedoch sehr gut. Wohnliches Ambiente bieten alle. 

Neben den Absetzkabinen gibt es natürlich auch Kabinen, bei denen die Ladefläche weichen muss und die entweder auf ein Flatbed aufgesetzt werden oder gleich fest mit dem Fahrzeug verbunden sind. Platz bieten diese Kabinenarten natürlich mehr. Wer eigene Ideen einbringen möchte, aber nicht über die geeigneten Fähigkeiten verfügt, eine Kabine selbst zu bauen, kann sich von Firmen wie PickUpBack aus der Oberpfalz, https://www.pepec.de/ aus Oberbayern oder Ortec mit Sitz in Niedersachsen eine Kabine nach eigenen Wünschen bauen lassen. Ebenso gibt es die Möglichkeit, Leerkabinen zu ordern und bei entsprechenden handwerklichen Fähigkeiten den Innenausbau selbst zu übernehmen, was natürlich eine Menge Geld spart.

Wer sich inspirieren lässt von bekannten Kabinenherstellern und entsprechendes Know-How besitzt, der kann eine Kabine natürlich auch selbst bauen, so wie ein Vereinskamerad unserer 4Wheelers. Zusammen mit einem Metallbauer entstand so in monatelanger Kleinarbeit eine tolle kleine Kabine mit Durchgang zum Dachzelt von innen, dazu noch Stauräume, ein Kocher und eine transportable Toilette sowie eine Sitzgelegenheit für 2 Personen. Damit die Eigenbau-Kabine kein Hindernis ist bei Urlaubstouren mit Offroad-Anteil, ist sie kompakt gehalten und verändert die Ausmaße des Pickups kaum.

Wer sich mit einem Hardtop oder einer Kabine nicht so anfreunden kann, für den ist ein Pickup auch das optimale Zugfahrzeug für Wohnwagen aller Art. Mit Anhängelasten bis 3,5 Tonnen können auch größere Behausungen durch die Gegend geschleppt werden. Natürlich ist man so mehr an einen Campingplatz gebunden, hat aber die Möglichkeit, das Camp als Basislager zu nutzen und mit dem Pickup Ausflüge zu machen. Wenn ich nicht alleine unterwegs bin in Ländern, in denen ein normaler Wohnwagen eher nicht benutzt werden kann, dann hängen wir auch unseren Trailer an den Haken und steuern schöne Campingplätze an. Bei den Leistungsdaten der heutigen Pickups und Wohnwagen, die mit Stoßdämpfern und Antischlingerkupplungen ausgerüstet sind, sind auch weitere Touren mit Anhänger kein Problem. Ob es ein eher kleinerer Trailer oder ein 2,50 m breiter und 8 m langer Tandem-Achser sein soll, entscheiden letztlich nicht nur der Geldbeutel, sondern auch die Fahrkünste und natürlich die Campingplätze, die man ansteuern möchte. 

Ein herkömmlicher Wohnwagen ist ja maximal schlechtwegetauglich, und das nicht über längere Strecken. Dafür sind sie einfach nicht gemacht. Aber natürlich gibt es auch für die Abenteurer unter den Wohnwagen – Fahrern eine Lösung: Einige Firmen haben sich auf mehr oder weniger Offroad-taugliche Anhänger spezialisiert, wie z.B. der Michael Moos von https://www.adventure-trailer.com/ in Wetzlar. Bei ihm kann man Offroad-taugliche Anhänger mieten und natürlich auch kaufen, wenn einem dieses Konzept gefällt. Nicht ganz billig, aber dafür kommt man mit diesen Trailern auch dorthin, wo andere Wohnwagen schon nach ein paar hundert Metern festsitzen würden! Dazu ist alles an Bord, was das Overland-Herz begehrt. Ich konnte mir diese Art von Trailern schon auf Messen und Michaels Offroad-Anhänger neulich am Ranger-Treffen anschauen und war begeistert, wie praktisch alles umgesetzt ist! 

Man sieht, es gibt kaum ein Fahrzeug, das in der Nutzung für Camping aller Art so vielseitig ist wie ein Pickup. Man könnte jedes Konzept noch viel ausführlicher beschreiben, aber das würde den Rahmen sprengen, da jedes Kapitel für sich schon einen Bericht füllen würde! Jeder, der Interresse an Pickups hat und damit auch campen möchte, findet garantiert das passende Konzept. Die steigenden Zulassungszahlen zeigen es ja, dass die vielfältige Nutzung dieser Fahrzeuge vor allem im Freizeitbereich immer beliebter wird. Alle Bilder sind aus unserer Community, selbst fotografiert und zeigen die Fahrzeuge von Freunden und Bekannten. (Jürgen Krauß)