Rhön Camp 1.4 Pickup-Kabine
Testfahrt im Juli
Campingtechnisch gesehen hat man ja im Laufe seines Allrad-Lebens schon fast alles durch, von der Plane über Zelte und unter dem Hardtop schlafen bis hin zum Wohnwagen. Was mir in meiner persönlichen Sammlung bisher noch gefehlt hat, ist eine Wohnkabine auf einem Pickup. Diese Gelegenheit ergab sich jetzt, da mein Ranger gerade in der Werkstatt steht und mangels eines Ersatzteils nicht rechtzeitig für unser Campingwochenende fertig wurde. Die Männer von MGS haben mich nicht mit einem Leih-Fiesta zum Camping geschickt, sondern mir einen Ranger mit Absetzkabine aufgetrieben! Somit konnte ich zu unserem Camping-Wochenende mit den 4x4-Kameraden in Blaibach im Bayerischen Wald standesgemäß anreisen.
Die Absetzkabine Rhön Camp 1.4 ist aufgesattelt auf einem Ford Ranger Biturbo, ein Vorführwagen, den ich mit ca. 1500 km bei MGS in Weiden übernommen habe. Da die Zeit etwas drängte und Uwe D., der Verkaufsleiter, keine Zeit hatte, mir den Camper persönlich zu erklären, schickte er mir ein Video mit allem, was ich wissen musste. Da es einige Stunden später schon losging, hatte ich erst am Campingplatz Gelegenheit, mir die Kabine näher anzusehen.
Optisch gesehen wirkt der Camper kompakt und kurz, aber hoch – das macht die Optik zuerst etwas gewöhnungsbedürftig auf der mit etwas über 1,5 m doch recht kurzen Ladefläche des Doppelkabiners. Der Alkoven ist schon recht groß, der Rest wirkt sehr kurz. Auch wenn diese Optik sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft, so hat es doch entscheidende Vorteile: Die Heckklappe kann während der Fahrt geschlossen bleiben, somit funktioniert die Rückfahrkamera ohne Einschränkung. Und man kann im Gegensatz zu längeren Kabinen auch jederzeit die Anhängerkupplung nutzen! Die Farbgebung mit der Beschriftung ist gelungen, würde aber zu einer anderen Wagenfarbe besser passen. Dieses Orange wäre ohnehin nicht meine Farbe – aber klar, das ist reine Geschmackssache. Befestigt ist die Kabine mit stabilen Verankerungen. Ob man die auf Dauer in die vorhandenen Ösen der Ladefläche hängt oder doch was Stabileres nimmt, weiß ich nicht. Ich würde umrüsten auf stabilere Haken und Ösen, speziell wenn man vorhat, mit der Kabine auf unbefestigten Wegen oder im leichten Gelände zu fahren.
Der strömende Regen bei der Anreise war schon mal ein guter Dichtigkeitstest. Der jungfräulich neue Ranger Biturbo macht seine Huckepack-Arbeit sehr gut, zieht kräftig durch und schwankt auch in Kurven nicht übermäßig, trotz der relativ hohen Kabine. Die 10-Gang-Automatik passt perfekt zum Fahren mit dem Camper. Trotz der Höhe der Kabine hält sich der Verbrauch des Rangers in Grenzen. Mit nicht mal 500 kg Leergewicht hat wohl keiner der aktuellen Pickups Probleme mit der Absetzkabine, auch mit Zuladung ist mit Ausnahme des Ranger Raptors keine Auflastung nötig.
Am Campingplatz hatte ich dann Gelegenheit, zusammen mit meinen Pickup fahrenden Mitcampern die Kabine näher zu begutachten. Mal kurz zu den Maßen der Rhön Camp 1.4: Die Bodenlänge innen beträgt 1,32 m, die Außenlänge auf der Ladefläche 1,40 m, so dass sie auf jeden Fall auf jeden erhältlichen Doppelkabiner passt. Die Länge komplett mit Alkoven beträgt außen 2,96 m, die Breite 1,82 m. Mit einer Innenhöhe von 1,97 m können auch größere Personen in der Kabine stehen, ohne den Kopf einziehen zu müssen.
Ich hatte die Rhön Camp 1.4 vier Tage im Test. Heckklappe auf, Leiter hingestellt, Strom angesteckt und sie ist sofort nutzbar. Damit kommen wir auch gleich zu ein paar Schwächen, die vor allem die Außenhaut betreffen: Da es sich um eine Vorserienkabine handelt, sollten manche unserer festgestellten Schwächen nicht in die Serie einfließen. Zum einen hakelt die Tür, eine Schraube hatte sich gelöst, die wir wieder eindrehten. Dies war leider nicht die Ursache dafür, man muss die Tür schon mit Schmackes zuwerfen, wenn man sie ganz schließen möchte. Und auch das gelingt nicht immer, die Befestigung der Raste an der Kabine paßt nicht 100%ig. Neben der Tür haben wir einen Riss entdeckt, Ursache unbekannt. Die Profile weisen an manchen Stellen recht große Spaltmasse auf, hier kann Feuchtigkeit nach innen dringen, was der Kabine auf Dauer bestimmt nicht sehr gut bekommt. Schaut man sich die Tür beim langsamen zudrücken an, „arbeitet“ auch die, dies ist aber wohl bedingt durch die nicht genaue Paßform. Spaltmaß oben und unten sind sehr unterschiedlich. Gefertigt ist die Rhön Camp übrigens aus 33 mm GFK-Sandwich.
Was einer meiner Mitcamper, selbst Wohnkabinenfahrer, festgestellt hat: Die Heckklappe dient ja als Einstieg. Sollte ein spaßiger Mensch die Heckklappe zuwerfen, hat man keine Chance, wieder aus der Kabine zu gelangen! Ein Ausstieg wäre maximal über das Dachfenster möglich, alle anderen sind zu klein. Auf einem Campingplatz sicherlich kein Problem, wenn man um Hilfe ruft – sollte das draußen passieren, vielleicht nicht mehr ganz so lustig! Abhilfe könnte hier eine zweigeteilte Tür schaffen, wie man sie aus Wohnwagen kennt.
Innen ist die Kabine schick eingerichtet, helles, freundliches Holz, wohin man schaut. Öffnet man die Staufächer, merkt man, dass hier stabile Schlösser und dickes Material verwendet wurde – das kennt man aus dem Wohnwagenbereich leider speziell bei neueren Wohnwagen leider anders. Die Anzahl der Staufächer ist natürlich bei der geringen Länge begrenzt, bei zwei Wochen Urlaub in etwas kältere Gegenden mit zwei Personen wird es wohl kaum möglich sein, alle Klamotten und dazu noch Camping-Geschirr unterzubringen! Also eher was für den kürzeren Trip, für längere Urlaube würde ich auf jeden Fall auf einen 1,5-Kabiner mit etwas größerer Kabine zurückgreifen. Für meine 4 Tage hatte ich keine Probleme, alles unterzubringen.
Für nicht so groß gewachsene, die noch dazu nicht ausgestreckt schlafen, genügt evtl. die vorhandene Bettlänge. Breit genug für 2 Personen ist das Bett allemal. Wer es verlängern möchte, findet zwei ausziehbare Schubläden, in die man ein zusätzlich vorhandenes Matratzenteil einlegen kann. Dann ist das Bett wirklich sehr groß – natürlich zu Lasten des restlichen Wohnraums, da bleibt dann nicht mehr so viel übrig. Schlafen mit ausgezogenem Bett und noch Tisch und die zwei kleinen Bänke nutzen, ist nicht möglich. Aber auch verständlich bei der begrenzten Grundfläche, zaubern kann eben keiner.
Links neben der Tür findet sich der Kühlschrank. Nicht riesig, aber ausreichend für das Wichtigste, was gekühlt werden muss. Darunter ist die mobile Toilette verstaut. Wer die nicht braucht, hat dafür zusätzlichen Stauraum. Gegenüber ist eine Spüle eingebaut, darunter ein mobiler Gaskocher. Diese kleinen Gaskocher nehmen nicht viel Platz weg, sind nicht teuer und sowohl innen als auch außen benutzbar. Für wohlige Temperaturen sorgt eine Dieselheizung, auch ein Abwassertank ist an Bord. An der Tür ist ein Staufach, das wohl als Abfalleimer gedacht ist – dieses Fach, das leider nicht demontierbar ist, stört eigentlich in der Praxis am meisten! Es ist verschenkter Raum, der viel zu weit in die eh schon kleine Grundfläche ragt, so dass man immer wieder dagegenläuft. Weglassen wäre hier echt sinnvoller, man kann während der Fahrt mehr Equipment auf die Grundfläche stellen und einen Abfallbeutel kann man auch außen am Fahrzeug irgendwo anhängen, so mache ich das schon immer.
Schlafen tut man auf der großzügig bemessenen Matratze hervorragend. Die Kopffreiheit nach oben ist ausreichend, aber nicht üppig. Geht aber ohne Probleme. Mehrere Lampen und LED-Leisten erleuchten die Kabine ausreichend hell, alle Fenster incl. dem Dach-Ausstellfenster können entweder komplett abgedunkelt oder mit einem Fliegengitter verschlossen werden, und natürlich auch geöffnet. Die Sitzpolster sind weich und angenehm und schnell abwaschbar, der mittige Tisch der kleinen Sitzgruppe kann seitlich verschoben oder auch ausgehängt werden.
Mehr gibt es eigentlich auch nicht zu sagen. Die Fehler kann man einem Prototypen bestimmt verzeihen, wenn sie in der Serie dann nicht mehr auftauchen. Für mich als entweder Hardtop-Schläfer oder Wohnwagen – Fahrer waren die Tage mit einer Absetzkabine mal eine völlig neue Erfahrung. Man sucht automatisch Vergleiche Wohnwagen zu Wohnkabine und kommt letztlich zu dem Schluß, dass jeder für sich gewisse Vor- und auch Nachteile bietet. Der Wohnwagen eher etwas für Touren mit mehr Platz, bei dem man an einem Camp bleibt, die Kabine handlicher und eher was für Leute mit kleinerem Gepäck, die mal ein paar Tage einfach raus wollen und denen auch mal ein Wohnmobilstellplatz genügt. Am besten wäre, man hätte beides! (Jürgen Krauß)